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Küstenstädte müssen sich wegen des Klimawandels schneller anpassen

Ein Forscherteam hat den Stand der Anpassungen an den Klimawandel von 199 Küstenstädten in 54 Ländern analysiert. Dabei wurden Risikofaktoren wie steigende Meeresspiegel, Stürme, Infrastruktur und Ökosysteme ausgewertet.

Küstenstädte spielen in der globalen Wirtschaft eine zentrale Rolle und haben wichtige Funktionen für die Gesellschaft. Gleichzeitig sind sie stark von den Folgen des Klimawandels betroffen. Deshalb nehmen sie auch bei der globalen Klimaanpassung eine Schlüsselrolle ein. Um einen Überblick über den aktuellen Stand der Anpassung zu gewinnen, hat ein internationales Team um Professor Matthias Garschagen, Geograf an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), nun den aktuellen Stand analysiert.

Die Forschenden haben anhand von Studien untersuchten, ob und wie die Städte bestimmte Risikofaktoren in ihrer Strategie berücksichtigen. Dabei spielen klimatische Faktoren wie steigende Meeresspiegel, Stürme, Überschwemmungen oder Hitze eine wichtige Rolle. Aber auch weitere Aspekte wie die Exposition und Verwundbarkeit von Bevölkerung, Infrastruktur und Ökosystemen der jeweiligen Region wurden in der Analyse berücksichtigt.

Massnahmen gegen die Klimakrise sind meist unzureichend

Die meisten Massnahmen für eine bessere Anpassung an den Klimawandel betreffen vor allem den Anstieg des Meeresspiegels, Überschwemmungen sowie in geringerem Masse auch Sturmfluten, Wirbelstürme und Erosion. Dabei sind technische und institutionelle Massnahmen wie grossflächige Deiche oder Anpassungen in der Stadtplanung in wohlhabenderen Regionen wie in Nordamerika und Europa häufiger. In einkommensschwächeren Gebieten wie Afrika und Asien dominieren hingegen verhaltensbezogene Massnahmen, bei denen betroffene Haushalte und Unternehmen eher auf sich selbst gestellt sind.

Anpassungsmassnahmen sind unzureichend

Insgesamt stellten die LMU-Forschenden fest, dass die meisten Anpassungsmassnahmen in Tiefe, Umfang und Geschwindigkeit unzureichend sind – ganz unabhängig von den jeweiligen Regionen und ihrem Wohlstand. Auch fanden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kaum Anzeichen für eine nachhaltige Verringerung der Risiken durch die bereits umgesetzten Massnahmen. «Unsere Ergebnisse zeigen auf allen Ebenen Nachholbedarf», erklärt Prof. Matthias Garschagen. Und er fährt fort: «Es gibt wenig wirklich tiefgreifenden Wandel, bei dem das Risikomanagement fundamental umgedacht wird. Häufig versuchen Städte, das Katastrophenmanagement für zukünftige Risiken auf der Basis von Erfahrungen der Vergangenheit zu optimieren, ohne grundlegend zu hinterfragen, ob diese Ansätze auch später noch tragfähig sind.»

Globale Forschung zum Klimawandel ist in allen Regionen der Welt erforderlich

Die Grundlagen für die Planung der Anpassung werden nur selten quantifiziert. Zukünftige Naturgefahren wie Hochwasser und Hitze werden von den Städten zwar in den Blick genommen, aber sozioökonomische Faktoren wie soziale Verwundbarkeit und räumliche und gesellschaftliche Veränderungen werden selten berücksichtigt. «Das ist wichtig», sagt Garschagen, «weil das Lagos oder Jakarta von heute nicht dasselbe wie das in 20 Jahren sein wird. Da gibt es sicherlich grosse Forschungslücken und wir brauchen bessere Szenarien und Modellierungsverfahren. Eine wichtige Frage ist auch, ab wann es sinnvoller ist, Küstenschutzmassnahmen aufzugeben und stattdessen Umsiedlungen in Betracht zu ziehen.»

Garschagen plädiert deshalb für einen stärkeren Ausbau der Forschungsaktivitäten im globalen Süden der Welt. Denn bislang konzentrieren sich die meisten Forschungsaktivitäten auf Städte des globalen Nordens. «Eine globale Forschung des Klimawandels, die alle Regionen der Welt flächendeckend abdeckt, würde zu einer schnelleren und effizienteren Bekämpfung der Klimakrise führen», ist Garschagen überzeugt.