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Schwammige Aussagen zu ‘nachhaltigen’ Produkten führen in die Irre

‘CO2-neutral’, ‘umweltfreundlich’ oder ‘biologisch abbaubar’: Solche Angaben auf Produkten sollten verbindlich geregelt werden, findet eine grosse Mehrheit der Konsumenten. Denn sie beeinflussen das Kaufverhalten.

Stehen Konsumentinnen und Konsumenten beim Einkaufen unter Zeitdruck, sind sie oftmals nicht in der Lage, die Information auf Produkten rational zu beurteilen. Beispielsweise eine grüne Wiese auf der Poulet-Verpackung oder ein grünes Logo auf einer Handcreme wird dann die Wahrnehmung beeinflussen. Die Produkte werden als umweltfreundlicher wahrgenommen, als sie es tatsächlich sind. Das geht aus einer Umfrage der Allianz der Konsumentenschutz-Organisationen (Konsumentenschutz, FRC, ACSI) hervor, an der schweizweit 3’500 Personen teilgenommen haben. «Die Umfrage bestätigt damit, was auch die Verhaltenswissenschaft in verschiedenen Untersuchungen gezeigt hat: Zeitdruck hat einen starken Einfluss auf die Entscheidung, was im Einkaufskorb landet», sagt Sara Stalder, Geschäftsleiterin vom Konsumentenschutz. Die Konsumentenschutz-Organisationen fordern deshalb, dass diese Erkenntnis bei der Beurteilung von unlauterer Werbung miteinbezogen wird. Man könne ein Produkt nicht nur isoliert beurteilen, sondern müsse auch die Umstände beachten, unter denen es ausgewählt werde.

Schwammige Begriffe werden beliebig eingesetzt

Die Umfrage, welche von Anfang April bis Ende Juni 2022 durchgeführt wurde, zeigt auch, was die Konsumentinnen und Konsumenten unter bestimmten Begriffen verstehen, welche oft auf Produktverpackungen zu finden sind. Der Begriff ‘natürlich’ etwa bedeutet für 39% der Befragten, dass ein Lebensmittel nicht hochverarbeitet ist. Ein Viertel glaubt auch, dass es keine Pestizidrückstände enthält oder sogar gesund ist. «Darauf ist aber kein Verlass, weil es keinen gesetzlichen Rahmen für die Verwendung dieser Begriffe gibt», kritisiert Stalder.

Dasselbe gilt für die Bereiche Kosmetik und Haushalt. Gut 24% bis 34% der Befragten glauben, dass sogenannte ‘natürliche’ Produkte keine für Mensch oder Umwelt schädlichen Substanzen enthalten. «Das muss nicht der Fall sein. Diese falschen Erwartungen der Konsumenten werden von den Anbietern geschickt ausgenutzt», so Stalder.

Glaubwürdige Labels können kaum von Werbung unterschieden werden

Die Ergebnisse zeigen zudem, dass glaubwürdige Labels nicht von firmeneigenen Aussagen zu Umweltleistungen unterschieden werden können. «Letztere haben aber kaum einen Nutzen für Konsumenten, da sie nicht mit genauen Anforderungen verbunden sind, und auch nicht von einer unabhängigen Stelle kontrolliert werden. Sobald sich die Befragten dieser Tatsache bewusst sind, missbilligt die Mehrheit diese Greenwashing-Praktiken», erklärt Stalder. Die Umfrage zeigt, dass die Befragten sich deshalb wünschen würden, die Verwendung von weit verbreiteten Begriffen wie ‘klimaneutral’, ‘umweltfreundlich’ oder ‘biologisch abbaubar’ sei geregelt und die Konsumentinnen und Konsumenten würden nicht irregeführt.

In vielen Ländern ist das besser geregelt

Laut Stalder gibt es keinen Grund, warum Schweizer Konsumenten weniger gut geschützt sein sollten als die europäischen: «Die Lauterkeitskommission und die Politik müssen mehr Engagement beim Bekämpfen von Greenwashing an den Tag legen», fordert Stalder. In vielen europäischen Ländern werde bei den unlauteren Geschäftspraktiken ein besonderer Schwerpunkt auf diese ökologische Schönfärberei gelegt. Einige Staaten wie Frankreich oder Italien hätten sogar eigene Leitlinien verabschiedet, um Greenwashing zu verhindern, weiss Stalder. Und sie ergänzt: «Die Schweiz soll sich daran ein Beispiel nehmen, und der Flut von nichtssagenden, aber täuschenden Claims Einhalt gebieten.»

Über die Konsumentenschutz-Organisationen

In der Allianz der Konsumentenschutz-Organisationen koordinieren drei Schweizer Konsumentenschutz-Organisationen aus drei Sprachregionen ihre Arbeit für die Konsumentinnen und Konsumenten: die FRC (Fédération romande des consommateurs) aus der französischsprachigen Schweiz, die ACSI (Associazione consumatrici e consumatori della Svizzera italiana) aus dem Tessin und der Konsumentenschutz. Dieser ist in der Information und Beratung tätig, verhandelt mit Anbietern und Behörden, und engagiert sich in der Politik vollkommen parteiunabhängig für die Konsumenteninteressen. Der Konsumentenschutz ist eine private, 1964 gegründete Stiftung. Seine Finanzierung ist breit abgestützt: 87% seiner Einnahmen stammen aus Gönnerbeiträgen und dem Ratgeberverkauf, 13% aus einem Bundesbeitrag. Er hat seinen Sitz in Bern. Präsidentin ist Nationalrätin Nadine Masshardt.