Der neu publizierte Bericht des Weltklimarats beleuchtet die Auswirkungen der globalen Erwärmung sowie die zu erwartenden Klimaschäden daraus. Greenpeace fordert die Schweiz auf, endlich aus fossilen Brennstoffen auszusteigen.
Nach zwei Wochen intensiver Verhandlungen veröffentlichten die Experten der Arbeitsgruppe II des Weltklimarats IPCC Ende Februar 2022 ihren Beitrag zum sechsten Sachstandsbericht über die Entwicklung des Weltklimas. Um die Folgen des Klimawandels zu bewerten, werteten die Wissenschaftler Tausende von Studien aus. Während sich der Bericht der Arbeitsgruppe I, der im August 2021 veröffentlicht wurde, auf die physikalischen Grundlagen des Klimas und die Analyse seiner Entwicklung konzentrierte, befasste sich die Arbeitsgruppe II mit den Auswirkungen der Klimakrise sowie mit Fragen der Anfälligkeit und Anpassung.
Folgen zeigen sich stärker und früher als angenommen
Der neu veröffentlichte Bericht zeigt, dass sich die Folgen des Klimawandels stärker und früher als bisher angenommen zeigen. Die bisherigen Risikoabschätzungen waren demnach zu optimistisch. Die Autoren führen dies auf die Verflechtungen und Komplexitäten im System zurück, durch die sich Risiken gegenseitig hochschaukeln würden, etwa wasserbezogene und nahrungsmittelbezogene Risiken. Die Auswirkungen der Klimakrise seien bereits heute für Millionen von Menschen katastrophal, mahnen sie. Es sei daher entscheidend, den globalen Temperaturanstieg auf unter 1,5°C zu halten.
Auswirkungen zeigen sich in allen Erdregionen
Die Autoren sehen starke Auswirkungen des Klimawandels in allen Erdregionen und in allen Sektoren, beispielsweise in der Infrastruktur, in Städten, in der Nahrungssicherung, in der Landwirtschaft oder im Fischfang. Der Bericht macht zudem deutlich, dass die Klimaanpassung zwar voranschreitet, bislang aber nicht alle Risiken kompensieren kann. Selbst wenn man die 2°C-Grenze einhalte, würden die Grenzen der Anpassungsfähigkeit in vielen Erdregionen erreicht werden, insbesondere in ärmeren Ländern, mit geringen Anpassungskapazitäten, warnen die Autoren. Deshalb müssten sowohl der Klimaschutz als auch die Klimaanpassung sehr zügig und effektiv vorangetrieben werden.
Schweiz ist bereits krank
«Die Diagnose des IPCC wird durch die Situation in der Schweiz veranschaulicht, wo sich die beunruhigenden Symptome seit Jahrzehnten in allgemeiner Gleichgültigkeit häufen», sagt Georg Klingler, Klima- und Energieexperte bei Greenpeace Schweiz. Die Schlussfolgerungen des Bundesamtes für Umwelt (Bafu) würden daran erinnern, dass die Klimaerwärmung in der Schweiz bereits fast 2°C betrage. Die Auswirkungen seien erheblich. Die Gletscher würden verschwinden. Die Gesundheitsrisiken würden mit dem Wachstum der Populationen von krankheitsübertragenden Insekten steigen. Extreme Wetterereignisse wie Dürren, Überschwemmungen und Hitzewellen würden sich häufen. Letztere würden die Gesundheitsrisiken insbesondere für ältere Menschen stark erhöhen.
Energiepolitik muss ändern
«Unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen ist die Ursache für das Fieber, das unseren Planeten befallen hat. Es gibt jedoch Heilmittel, die das Fieber lindern können. Es ist entscheidend, dass sie sofort eingesetzt werden», fügt Klingler an. Mit einer Änderung der Energiepolitik könne sich die Schweiz innerhalb eines Jahrzehnts aus ihrer Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen befreien. Modellrechnungen von Greenpeace Schweiz würden zeigen, dass es möglich sei, bis im Jahr 2035 rund 38 Terawattstunden (TWh/a) mit neuen erneuerbaren Energien, hauptsächlich Solarenergie, zu erzeugen. In Kombination mit deutlich mehr Energieeffizienz und sanfter Mobilität könnten so die Treibhausgasemissionen der Schweiz in nur zehn Jahren um nahezu 75% gesenkt werden, ohne Bedrohung der Artenvielfalt und der Naturlandschaften sowie unter Beibehaltung einer guten Lebensqualität, propagiert Klingler. Ausserdem werde die Wirtschaft gestärkt, indem Milliarden von Franken, die derzeit für die Öl- und Gasversorgung in Drittländer gingen, vor Ort investiert würden.
Es gibt weitere erfolgversprechende Massnahmen
Neben der Energiepolitik gibt es noch andere erfolgversprechende Behandlungsmethoden, um das Fieber der Erde zu senken, wie Klingler erklärt. Die Klimaverträglichkeit der Aktivitäten des Finanzplatzes, die Änderung der Ernährungsgewohnheiten, die Abkehr von der Wegwerf-Mentalität und die Entwicklung der Kreislaufwirtschaft seien nur einige Beispiele dafür. Gleichzeitig sei sicherzustellen, dass die Analysen der Wissenschaftler für die Bevölkerung verständlich gemacht würden, denn sie müsse die Massnahmen letztlich tragen. «Wie gut wir unsere Lebensgrundlagen und die unserer Kinder sichern können, hängt davon ab, wie schnell wir die Schockbehandlung, die unser Land angesichts der Klimakrise benötigt, durchführen können», so Klingler.