Gute Governance beinhaltet auch Nachhaltigkeit

Finanzinstitute können sich kaum mehr leisten, Nachhaltigkeitsziele zu ignorieren. Das zeigt das Beispiel von Ethos und einer Gruppe institutioneller Anleger und Pensionskassen, die bei der Credit Suisse einen Aktionärsantrag eingereicht haben.

Die Ethos Stiftung und die NGO ShareAction, die sich für nachhaltige Anlagen einsetzt, haben in den letzten Wochen elf institutionelle Anleger zusammengebracht, mit dem Ziel, einen Aktionärsantrag bei der Credit Suisse einzureichen. Zu diesen Anlegern, die ein Gesamtvermögen von mehr als 2'200 Milliarden Franken vertreten, gehören Actares, Amundi, die Bernische Pensionskasse, die Bernische Lehrerversicherungskasse, die CAP Prévoyance, die CIEPP, Ethos Services AG, LGPS Central Limited, die Pensionskasse Post, Publica und die Pensionskasse Stadt Zürich. Diese Investoren fürchten, dass sich die Credit Suisse finanziellen und regulatorischen Risiken sowie Reputationsrisiken aussetzt. Das träfe indirekt dann auch die Anleger.

CS finanziert «unsaubere» Geschäftstätigkeiten

Gemäss Ethos finanziert die Credit Suisse Geschäftstätigkeiten, die mit ihrem eigenen Ziel, ihre Finanzierungstätigkeiten auf das Ziel des Pariser Abkommens (Begrenzung der globalen Erwärmung auf maximal 1,5°C.) auszurichten, unvereinbar sind. Der Aktionärsantrag bezweckt daher, die Statuten der Bank dahingehend zu ändern, dass sich ihre Berichterstattung zu den Klimarisiken verbessert. Dies setzt voraus, sagt Ethos, dass die Bank zusätzliche Angaben zur Strategie veröffentlicht, mit der sie ihre Finanzierungstätigkeiten dem Pariser Abkommen angleichen und ihre Exponierung gegenüber Anlagen in Kohle, Erdöl und -gas verringern will. «Sollte der Antrag den Aktionären an der Generalversammlung vom 29. April zur Abstimmung unterbreitet werden, wäre dies der erste Aktionärsantrag zum Klimaschutz, über den an der Generalversammlung eines Schweizer Unternehmens abgestimmt würde», triumphiert Ethos.

CS ist gegenüber fossilen Brennstoffen am stärksten exponiert

«Den Banken kommt bei der Bewältigung der zahlreichen Herausforderungen des Klimawandels eine wichtige Rolle zu, angefangen bei einer drastischen Reduzierung ihrer Investitionen in fossile Brennstoffe und deren Finanzierung», betont Vincent Kaufmann, Direktor von Ethos. «Wir führen seit vielen Jahren einen regelmässigen Dialog mit der Credit Suisse zu diesem Thema. Obwohl einige Fortschritte erzielt wurden, bleibt die Credit Suisse die Schweizer Bank mit der höchsten Exponierung gegenüber fossilen Brennstoffen. Ihre unzureichende Klimastrategie und die zahlreichen Governance-Probleme, mit denen die Credit Suisse in den letzten Monaten konfrontiert war, haben uns sowie mehrere unserer Mitglieder dazu bewogen, diesen Aktionärsantrag einzureichen.»

Fortschritte sind unzureichend

Gemäss der neusten Studie von «Banking on Climate Chaos» hat die Credit Suisse seit der Unterzeichnung des Pariser Abkommens (2016-2020) für mehr als 82 Milliarden US-Dollar die grössten Unternehmen aus dem Sektor der fossilen Brennstoffe finanziert. Damit ist sie die viertgrösste Geldgeberin für fossile Brennstoffe in Europa und die führende Bank auf dem Kontinent für die Finanzierung von Kohleminen.

Die jüngste Studie von ShareAction ShareAction, die am 14. Februar 2022 veröffentlicht wurde, zeigt, dass die Credit Suisse weiterhin eine der Banken mit der höchsten Exponierung gegenüber fossilen Brennstoffen ist. Die Studie weist auch darauf hin, dass die Strategie der Bank in Sachen Finanzierung von unkonventionellem Erdöl und -gas eine beschränkte Anwendbarkeit besitzt und hinter den Praktiken des europäischen Bankensektors zurückbleibt. Die Bank schränkt beispielsweise die Finanzierung von Unternehmen nicht ein, welche in der Förderung von Erdöl und -gas aus der Arktis, aus Ölsand und mittels Fracking tätig sind. Darüber hinaus beteiligte sie sich an einer Reihe von umstrittenen Transaktionen.

Fossile Brennstoffe sind ein Hauptfaktor für den Klimawandel

Der Weltklimarat IPCC habe erst kürzlich seine bislang eindringlichste Warnung vor den Auswirkungen des Klimawandels abgegeben und darauf hingewiesen, dass die fossilen Brennstoffe ein Hauptfaktor für diese Verschlechterung seien, sagt Jeanne Martin, Senior Campaign Manager bei ShareAction. Und sie kritisiert: «Trotzdem finanziert die Credit Suisse weiterhin in grossem Umfang die Erdöl- und Erdgasindustrie, und dies in der Regel ohne Auflagen. Wir fordern die Führungsinstanzen der Bank auf, ihren beschädigten Ruf wiederherzustellen und mit diesem Aktionärsantrag eine Gelegenheit für einen Neuanfang zu ergreifen, und eine Führungsrolle im Bereich des Klimaschutzes einzunehmen.»

Weit entfernt von den besten Praktiken

Die Dachorganisation Glasgow Financial Alliance for Net Zero (GFANZ), welche die «Net-Zero Banking Alliance» vertritt, deren Gründermitglied die Credit Suisse ist, erklärte kürzlich, dass «alle Szenarien, die mit einer Begrenzung der Erwärmung auf 1,5° C. vereinbar sind, klar zeigen, dass eine Beschleunigung des schrittweisen Ausstiegs aus den fossilen Brennstoffen ausschlaggebend ist, um die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen». Sie forderte ausserdem ihre Mitglieder auf, die Finanzierung von Kohle schrittweise auszuschliessen, und sich mit den Auswirkungen des Netto-Null-Szenarios der Internationalen Energieagentur (IEA) auf das Energiesystem und alle Wirtschaftsbranchen auseinanderzusetzen.

«Die Credit Suisse scheint leider nicht bereit, ihre Finanzierungsrichtlinien für Unternehmen aus dem Sektor der fossilen, insbesondere der unkonventionellen fossilen Brennstoffe, zu verstärken. Trotz einiger Fortschritte, vor allem bei der Finanzierung von Unternehmen aus dem Kohlesektor, bleibt die Credit Suisse weit entfernt von den bestehenden besten Praktiken der Mitbewerber. Die kürzlichen Abgänge der für Nachhaltigkeitsbelange verantwortlichen Mitarbeitenden lassen Zweifel an der Fähigkeit der Bank aufkommen, die kommenden Herausforderungen zu bewältigen», so Kaufmanns Fazit.

Aktionärsantrag: